01. April 2019

Am 01.04.2019 besuchte die Klasse 10 die Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen für eine Führung und ein Zeitzeugengespräch. An diesem Ort wurden zwischen 1947 und 1989 etwa 12000 sogenannte politische Gegner der DDR inhaftiert, isoliert und verhört. Wir trafen uns mit dem Zeitzeugen Mischa Naue und hörten, wie die DDR seine Lebensgeschichte geprägt hat. Mischa Naue begann seine Erzählung in seiner Kindheit und Jugend, die sehr besonders waren. Er hing sehr an seiner Großmutter Hedwig, von der er viel lernte, zum Beispel Lesen und Schreiben oder das Anpflanzen und Ernten von Gemüse. Mit 14 Jahren musste Mischa Naue die Schule beenden, weil er zu auffällig und „aufsässig“ war. Er musste eine ihm zugewiesene Ausbildung als Gleisbauer annehmen – eine viel zu schwere Arbeit für einen Jugendlichen. Er blieb drei Jahre im Betrieb, erlebte emotionale Höhen und Tiefen und hatte kaum Freude an diesem Leben.
Mit 17 Jahren bekam Mischa Naue das Glück dann förmlich zugespielt. Ein Verwandter aus Westdeutschland besuchte die Familie immer wieder. Schon in jüngeren Jahren hatte Mischa Naue sich die Hilfe des Onkels erhofft. Er wollte auf jeden Fall das Land verlassen. Mit 17 gab es nun einen Weg. Es wurden gefälschte Pässe besorgt, mit denen Freunde von Mischa Naue nach Westberlin entkommen konnten. Er selbst war noch nicht in den Westen gelangt, er hing im Osten fest. Ihm kam die Idee, mit seinem gefälschten Pass per Flugzeug über Budapest und Bukarest nach Istanbul auszureisen. Einfach raus! Doch man machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Die Staatssicherheit war ihm und anderen auf die Schliche gekommen. Er wurde verhaftet und daraufhin wurden seine folgenden zwei Lebensjahre extrem schlimm. Da er der Republikflucht beschuldigt wurde, kam er zunächst in Gefangenschaft der Stasi in der Untersuchungshaftanstalt in Hohenschönhausen. Die Lebensbedingungen in diesem Gefängnis waren völlig anders als er es sich erhofft hatte. Ganze vier Monate litt Mischa Naue hier unter extremer Gewalt und mentaler Zerstörung. Wie die Stasi mit Gefangenen umgegangen ist, erinnert stark an die Gefangenenlager im 2. Weltkrieg. In den ersten Jahren gab es in Hohenschönhausen noch nicht einmal Tageslicht in den Zellen oder Freigang. Nach vier Monaten wurde Mischa Naue in ein anderes Gefängnis verlegt. Ein Gericht hatte ihn nach Paragraph 213 des Strafgesetzbuches der DDR („unerlaubter Grenzübertritt“) zu zwei Jahren Haft verurteilt. Im Strafvollzug in Naumburg erlebte er aber ebenso Schreckliches wie Gewalt und Unterdrückung unter den Gefangenen und von den Wärtern. Die erzählten Begebenheiten basieren auf Aussagen des Zeitzeugen Mischa Naue.
Alle Schüler fanden den Besuch der Gedenkstätte sehr bildungs- und lehrreich. Wir bekamen außerdem ein gutes Bild von der Politik der Gegenwart und erfuhren, wie wichtig es ist, wählen zu gehen.